Growth Mindset & Framing: Warum Metaphern ein Unternehmen "auf Kurs bringen"
- Michael Hellermann
- 27. März
- 4 Min. Lesezeit

Stell Dir vor, ein Gründer sagt: "Wir müssen den Markt erobern!" Ein anderer spricht von "Wachstumsmotor", der nächste von "tragenden Säulen des Unternehmens" . Solche Aussagen sind mehr als bloße Worte. Sie sind Metaphern – und sie beeinflussen, wie Unternehmen ihre Strategien, Entscheidungen und Kulturen formen. George Lakoff und Mark Johnson haben mit ihrem bahnbrechenden Werk Metaphors We Live By gezeigt, dass Metaphern nicht nur unsere Sprache, sondern unser gesamtes Denken strukturieren. Wer das versteht, kann sein Unternehmen gezielt neu framen und ausrichten.
Die unsichtbaren Architekten unseres Denkens
Lakoff und Johnson haben in "Metaphors We Live By" eine revolutionäre Idee vorgestellt: Metaphern sind nicht nur poetische Verzierungen, sondern die Grundbausteine unseres Denkens und Handelns. Sie sind die unsichtbaren Architekten, die die Gebäude unserer Gedanken entwerfen.
Für Start-ups und KMUs bedeutet dies eine ungeahnte Chance: Wer die Macht der Metaphern versteht und gezielt einsetzt, kann nicht nur seine Kommunikation, sondern sein gesamtes Geschäftsmodell neu gestalten. Dies zeigen die nachfolgenden Beispiele.
Von Kriegsmetaphern zu Tänzen der Innovation
Nehmen wir das Beispiel der "Markteroberung". Diese Kriegsmetapher suggeriert Kampf, Verluste, Gewinner und Verlierer. Was, wenn wir stattdessen von einem "Markttanz" sprächen? Plötzlich denken wir an Rhythmus, Partnerschaft, Eleganz. Ein Start-up, das diese Metapher lebt, kann seine Strategie völlig neu ausrichten – weg vom aggressiven Wettbewerb, hin zu symbiotischen Partnerschaften.
Erkenntnis: Metaphern strukturieren nicht nur Sprache, sondern auch Handlungen und Geschäftsmodelle.
Anwendung:
Unternehmensvision durch prägende Metaphern formulieren (z. B. „Wir bauen Brücken für Innovation“ statt „Wir verkaufen Software“).
Problemframing: Statt „Kundenakquise ist ein Kampf“ lieber „Kundenbeziehung ist ein Tanz“, um Kooperation zu betonen.
Learning: Metaphern als strategische Denkwerkzeuge nutzen
Probleme neu rahmen, Lösungen neu denken
Steckt Euer Unternehmen in der Krise? Die Metapher der "Sackgasse" lähmt. Aber was, wenn wir die Krise als "Stromschnelle" betrachten? Plötzlich sehen wir uns als mutige Flussschiffer, die mit Geschick und Ausdauer die Herausforderung meistern. Diese Umdeutung kann buchstäblich über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Erkenntnis: Dysfunktionale Metaphern blockieren Innovation (z. B. „Krise ist eine Sackgasse“ lähmt, „Krise ist ein Fluss mit Stromschnellen“ motiviert).
Anwendung:
Workshops: Unternehmenssprache auf blockierende Metaphern screenen (z. B. „Feuer löschen“ für Problemmanagement → passiv vs. „Lösungen pflanzen“).
Fallbeispiel: Ein KMU mit stagnierenden Umsätzen ersetzt „Wachstumsmotor“ durch „Wachstumsökosystem“ – fördert nachhaltige Strategien.
Learning: Problemfelder durch Metaphern-Analyse identifizieren
Innovation durch neue Sprachbilder
Jede bahnbrechende Innovation beginnt mit einem neuen Denkansatz. Als Uber sich nicht als "Taxiunternehmen", sondern als "Plattform für urbane Mobilität" definierte, öffnete dies die Tür zu völlig neuen Geschäftsmodellen. Welche eingefahrenen Denkmuster könntet ihr in eurem Unternehmen durch frische Metaphern aufbrechen, um ein Growth Mindset zu etablieren?
Erkenntnis: Kreative Metaphern öffnen Denkräume (z. B. „Liebe ist ein gemeinsames Kunstwerk“ statt „Liebe ist Arbeit“).
Anwendung:
Disruptive Positionierung: Ein KI-Startup beschreibt seine Technik als „digitales Nervensystem“ statt „Algorithmus“.
Kundenerlebnis: Ein Hotel-KMU inszeniert Aufenthalte als „Zeitreisepakete“ – Gäste „betreten eine andere Epoche“.
Learning: Neue Metaphern schaffen – Innovation anregen
Der Wandel als Abenteuer
Change-Prozesse sind für viele Unternehmen eine Herausforderung. Aber was, wenn Ihr Veränderung nicht als "notwendiges Übel", sondern als "Entdeckungsreise" framt? Eure Mitarbeiter werden von widerwilligen Teilnehmern zu neugierigen Entdeckern.
Erkenntnis: Metaphern prägen, wie Teams Veränderung wahrnehmen (z. B. „Transformation ist eine Reise“ vs. „Revolution“).
Anwendung:
Rebranding: Ein traditionelles Familienunternehmen positioniert sich als „Phoenix“ (symbolisiert Neuerfindung aus der Tradition).
Agilität: Scrum-Methoden als „Jazz-Session“ framen – Improvisation, aber mit Rhythmus.
Learning: Metaphern für Change-Prozesse nutzen
Die kulturelle Brille wechseln
Metaphern sind tief in unserer Kultur verwurzelt. Ein deutsches KMU, das von "Pünktlichkeit als Tugend" spricht, dürfte in Südeuropa auf Unverständnis stoßen. Hier ist eine Metapher wie "Zeit ist ein Fluss" deutlich anschlussfähiger. Unternehmen, die international expandieren, sollten ihre Metaphern-Garderobe entsprechend anpassen.
Erkenntnis: Metaphern sind kulturell geprägt (z. B. „Zeit ist Geld“ im Westen vs. „Zeit ist ein Fluss“ in anderen Kulturen).
Anwendung:
Internationale Märkte: Für asiatische Märkte Metaphern wie „Harmonie“ oder „Netzwerk“ nutzen, statt westlicher Wettbewerbsbilder.
Learning: Die richtigen Metaphern für den richtigen Markt nutzen
Körper und Geist vereint: Embodied Cognition
Lakoff und Johnson zeigen, dass wir abstrakte Konzepte durch körperliche Erfahrungen verstehen. "Erfolg ist oben" (wir steigen auf), "Zukunft liegt vor uns". Ein innovatives Food-Start-up kann dies nutzen, indem es seine Produkte nicht nur als "gesund", sondern als "Kraftquelle für deinen Körper" positioniert – und so eine tiefere, körperliche Verbindung zu seinen Kunden aufbaut.
Erkenntnis: Abstrakte Konzepte werden durch körperliche Erfahrungen verstanden (z. B. „Aufstieg = Erfolg“, „Wärme = Vertrauen“).
Anwendung:
Touchpoints gestalten: Ein Food-Startup nutzt Verpackungen mit „handgefertigt“-Optik, um „Authentizität“ physisch erlebbar zu machen.
Teamkultur: Räumliche Metaphern wie „Wir sind eine Seilschaft auf dem Weg zum Gipfel“ fördern Zusammenarbeit und Durchhaltevermögen.
Learning: Embodied Cognition für greifbare Markenbotschaften nutzen
Fazit: Die Macht der Worte für Growth Mindset nutzen
Metaphern sind mehr als Worte – sie sind die Linsen, durch die wir die Welt sehen und gestalten. Für Start-ups und KMUs bieten sie ein mächtiges Werkzeug, um Visionen zu formen, Mindsets und Kulturen zu prägen und Innovationen zu katalysieren. Welche Geschichte erzählt ihr? Seid ihr Krieger, Maschinen, oder vielleicht doch eher Gärtner, Entdecker, Künstler? Die Wahl der Metapher könnte Dein nächstes Kapitel schreiben. Erinnere Dich: In der Welt der Geschäfte, wie im Leben, sind wir nicht nur Schauspieler auf einer Bühne. Wir sind auch die Autoren unseres Skripts. Wählen deine Worte weise – sie könnten deine Realität werden.
Bild: Jordan Heath auf unsplash